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Anhörungspflicht

Die automatisierte Einzelentscheidung

Fachbeitrag

Analyse der Vorschläge des Vorentwurfs zum Datenschutzgesetz im Gefüge des Schweizer Rechts

Der Vorentwurf für ein neues Schweizer Datenschutzgesetz (VE-DSG) schlägt Informations- und Anhörungspflichten vor, wenn der Verantwortliche Einzelentscheidungen automatisiert trifft. Die entsprechenden Pflichten sollen sowohl im öffentlichen als auch privaten Datenschutz zur Anwendung gelangen. Im öffentlichen Bereich erweisen sich diese Bestimmungen jedoch als obsolet, weil der Grundsatz des rechtlichen Gehörs gemäss Art. 29 Abs. 2 BV dem Datensubjekt die betreffenden Rechte bereits heute gewährt, und zwar unabhängig davon, ob staatliches Handeln durch Verfügung oder durch Realakt infrage steht. Dem Privatrecht sind generelle Informations- und Anhörungspflichten heute hingegen fremd. Aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit folgt vielmehr, dass das Gegenüber im Privatrechtsverkehr nicht informiert oder gar angehört werden muss. Die neuen Pflichten greifen daher – entgegen der Meinung des erläuternden Berichts – in die Vertragsfreiheit ein, weil der Verantwortliche nunmehr erklären muss, wie und warum er zu einer bestimmten Entscheidung gelangt ist.
digma 2/2017